Klassifikation und moderne Therapieansätze des Brustkrebses: Potenzial von Evofosfamid als hypoxieaktives Prodrug
Die Klassifikation von Brustkrebs (Breast Cancer, BC) erfolgt in Abhängigkeit von Lokalisation und Invasionsgrad des Tumors und dient Ärztinnen und Ärzten als Grundlage für die Wahl einer geeigneten Therapie [1]. Zu den Hauptkategorien zählen duktale, lobuläre und bindegewebige Formen. Einige Brustkrebszellen überexprimieren zudem spezifische Rezeptoren, etwa für Östrogen oder Progesteron, was eine gezieltere und personalisierte Therapieplanung ermöglicht [1].
Zu den etablierten Behandlungsformen zählen chirurgische Eingriffe, Chemotherapie, Hormontherapie, Strahlentherapie sowie der Einsatz spezifischer Krebsmedikamente. Seit den 1950er Jahren hat die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) eine Vielzahl von Arzneimitteln zur Behandlung von Brustkrebs zugelassen; eines der ersten war Methotrexat-Natrium im Jahr 1953 [1]. Seither hat sich die Entwicklung neuer Krebstherapeutika erheblich weiterentwickelt. Forschende analysieren regelmäßig die Tumorumgebung auf charakteristische biologische Merkmale, um neue Wirkansätze zu identifizieren.
Ein zentrales Merkmal vieler Tumoren ist Hypoxie, also ein Sauerstoffmangel im Gewebe. Zahlreiche Substanzen zeigen gerade unter hypoxischen Bedingungen eine erhöhte Wirksamkeit und werden deshalb gezielt in der Krebstherapie eingesetzt – ein Beispiel hierfür ist Evofosfamid.

Wirkmechanismus von Evofosfamid
Evofosfamid ist ein hypoxieaktiviertes Prodrug mit ausgeprägtem antikanzerogenem Potenzial. In Anwesenheit zellulärer Oxidoreduktasen unter hypoxischen Bedingungen wird Bromosio-Phosphoramid-Senfgas freigesetzt – ein alkylierendes Genotoxin, das DNA-Schäden verursacht und zum programmierten Zelltod führt [2].
In Phase-I- und -II-Studien konnte Evofosfamid bereits Erfolge erzielen. Untersucht wurde sowohl der Einsatz als Monotherapie als auch in Kombination mit anderen Krebswirkstoffen, etwa Cisplatin [2].
Unter hypoxischen Bedingungen ist die Aktivität der zyklischen GMP-AMP-Synthase (cGAS) verringert, was zu einer reduzierten Aktivierung des Stimulators von Interferon-Genen (STING) führt. Die Aktivierung des cGAS-STING-Signalwegs löst eine Typ-I-Interferon-Antwort aus, die wiederum die Aktivität natürlicher Killerzellen stimuliert. Es wird vermutet, dass Substanzen, die unter Hypoxie DNA-Schäden verursachen, diesen Signalweg reaktivieren und somit die antitumorale Immunantwort fördern können [2]. Da Evofosfamid unter hypoxischen Bedingungen aktiv wird, besitzt es potenziell die Fähigkeit, den cGAS-STING-Signalweg zu stimulieren und dadurch die Wirksamkeit der Immunantwort zu erhöhen.
Experimentelle Untersuchungen
Das et al. untersuchten den Einfluss von Evofosfamid auf verschiedene Brustkrebszelllinien (MCF-7, MDA-MB-231) sowie auf die natürliche Killerzelllinie NK-92. Die Zellen wurden mit 50 mM Evofosfamid behandelt und sowohl unter normoxischen Bedingungen (5 % CO₂) als auch unter hypoxischen Bedingungen in einer Whitley H35 Hypoxystation (37 °C, 95 % N₂, 5 % CO₂, 1 % O₂) inkubiert.
Unter Hypoxie führte die Behandlung mit Evofosfamid zu einer verstärkten Induktion des Zelltods in MCF-7- und MDA-MB-231-Zellen, zu einem Anstieg reaktiver Sauerstoffspezies, zu DNA-Fragmentierung, zur Aktivierung von Caspase 3/7 sowie zur Spaltung von Poly(ADP-Ribose)-Polymerase (PARP)-Proteinen. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass der unter Hypoxie normalerweise herunterregulierte cGAS-STING-Signalweg durch Evofosfamid wieder aktiviert wurde, wodurch Gene der Typ-I-Interferon-Signalkaskade erneut exprimiert wurden [2].
Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Evofosfamid als vielversprechender Kandidat für die Brustkrebstherapie gilt. Um jedoch Sicherheit, Wirksamkeit und mögliche Nebenwirkungen umfassend zu bewerten, sind weiterführende Phase-III-Studien unerlässlich [2].
Ausblick
Fortschritte in der Brustkrebstherapie sind entscheidend, um die Mortalität weiter zu senken. Die Erforschung der molekularen Wirkmechanismen neuer Therapeutika – wie im Fall von Evofosfamid – ist daher von zentraler Bedeutung. Es bleibt zu hoffen, dass künftig mehr Substanzen erfolgreich die klinischen Prüfphasen durchlaufen und in die onkologische Praxis überführt werden können.
Verfasst von DWS-Mikrobiologin Kirsty McTear.
Referenzen
- Mohini Chaurasia, Singh R, Sur S, Flora SJS. A review of FDA approved drugs and their formulations for the treatment of breast cancer. Frontiers in Pharmacology. 2023 Jul 28;14.
- Das S, Venkatesh GH, Moustafa Elsayed WS, Khouzam RA, Mahmood AS, Nawafleh HH, et al. Evofosfamide Enhances Sensitivity of Breast Cancer Cells to Apoptosis and Natural-Killer-Cell-Mediated Cytotoxicity Under Hypoxic Conditions. Cancers. 2025 Jun 14;17.
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